01/05/2023
„DAS WAR SCHON IMMER SO“
Es ist gang und gäbe, im Rahmen der Erstanamnese, also der anfänglichen Befragung des Patienten oder in meinem Falle des Patientenbesitzers, auch gesundheitliche Themen und Verhaltensweisen anzusprechen, die mit dem eigentlichen Konsultationsgrund auf den ersten Blick wenig bis nichts zu tun haben - schließlich ist der ganzheitliche Blick, den man lapidar auch mit dem „Blick über den Tellerrand der konventionellen Medizin“ bezeichnen könnte, das Flaggschiff der Naturheilkunde: Wir sehen den Körper nicht als Konglomerat verschiedene Organstrukturen, sondern als Einheit und enges Beziehungsgeflecht.
Dabei kommt es immer wieder vor, dass wir den Fokus auf ein Symptom legen, das für den / die Tierbesitzer/in nebensächlich ist: Aus eigenem Antrieb heraus wäre nie die Rede davon gewesen, dass der arthrosegeplagte Hund beispielsweise wiederkehrend unter blutigem Durchfall leidet oder die Katze mit dem stumpfen Fell mindestens jeden zweiten Tag erbricht. „Das war bei ihm oder ihr schon immer so. Schon vor der Erkrankung. Das hat nichts miteinander zu tun“, versuchen sich die Tierhalter/innen dann oftmals zu erklären.
Nun - nur weil etwas schon „immer“ so war, bedeutet das noch längst nicht, dass es nicht behandlungsbedüftig ist und die aktuelle gesundheitliche Problematik nicht mit ausgelöst, unterhalten oder sogar befeuert hat. Aber nicht nur das: Nur weil etwas schon „immer“ so war, bedeutet das nicht, dass es dem Tier nicht um Welten besser ginge, wenn das „Zusatzproblem“ nicht bestünde.
Sieht man das große Ganze, sind die Therapie- und Heilungsverläufe erfahrungsgemäß schneller, zuverlässiger und nachhaltiger. Dies erkennen und umsetzen zu können, erfordert allerdings sowohl vom behandelnden Therapeuten als auch vom Tierhalter eine große Portion Offenheit und Veränderungswillen - und ganz häufig ist es nur ein kleines Stellschräubchen, an dem man drehen muss, um eine frappierende Verbesserung des Allgemeinzustandes zu erwirken.
Zwei kurze Praxisbeispiele:
1) In einem Mehrkatzenhaushalt riet ich zu einer Futterumstellung, weil eine der Katzen aufgrund einer anhaltenden Harnwegsproblematik vom „Light-Trockenfutter“ auf eine Vollwertnahrung wechseln sollte. Im Zuge dessen wurde auch die ältere „Mit-Katze“ umgestellt, die seit Jahren fast täglich erbrochen hatte, ohne dass diagnostisch eine Ursache dafür gefunden worden wäre. Nach der Futterumstellung hörte das Erbrechen schlagartig auf und war seitdem nie wieder ein Problem.
2) Wegen sehr ausgeprägter Schmerzen und Bewegungsapparat wurde ich zu einem 12 Jahre alten Rüden gerufen, der die tierärztliche Medikation nicht vertragen hatte - die Besitzerin suchte nun nach einer ebenso wirksamen wie schonenden Behandlungsalternative und hatte mich zu einer Beratung bzgl Horvi-Therapie einbestellt. Der Rüde war Haut und Knochen und hatte sehr schwache Strukturen, was für seine Beschwerden im Skelettsystem natürlich alles andere als förderlich war. Auf konkrete Nachfolge hin eröffnete mir die Besitzerin, dass der Hund noch nie festen Kot abgesetzt habe und dass seit Jahren auch Blut mit im Kot war. Auch hier war es eine Futterumstellung, die den entscheidenden Mehrwert brachte.
Ihr seht: Je weiter und offener der Blick, desto besser lässt sich der individuelle Patient „Tier“ auch fassen, be-greifen und auf seinem Weg in ein besseres, gesünderes, unbeschwerteres und schmerzfrei(er)es Leben begleiten.