28/10/2021
Seit ich auf Bühnen stehe, frage ich mich, wieso Mensch das eigentlich macht: Sich vor Fremde stellen und anfangen niedergeschriebenes wiederzugeben.
Seit dem ersten Lockdown, bis zur ersten Veranstaltung, fehlte mir das sehr. Zu einer Location fahren, in erwartungsvolle Gesichter blicken, während man sich an einer Boa Constrictor aus menschlichen Körpern vorbei striff. Der Abend roch meist süßlich und oft nach Sonnenuntergang. Ich nahm an Online Poetry Slams teil, die sich in ihrer Konsistenz eher wie Wackelpuddinge anfühlten, die noch ein wenig im Kühlschrank hätten stehen sollen.
Ich schrieb und schrieb. Dann schrieb ich plötzlich meine erste Traurede und kurz darauf eine weitere. Der Schreibtisch war wieder freigeräumt, benutzbar und die Texte, mit ihren liebevollen Geschichten sollten gehört werden. Endlich wieder ein Publikum, endlich wieder vortragen.
Wer hätte gedacht, dass aus geschlossenen Geschäften, offene Herzen für hoffnungsvolle Wörter entstehen?
Hätte mich 2011 eine Person gefragt, ob ich mich irgendwann mal als Trauredner auf einer Hochzeit sehen könnte, ich hätte vermutlich Ja gesagt. Jetzt ist es so weit. Irgendwann kommen eben die Momente, die für eine:n selbst riesengroß sind. Und dann brennt man dafür.