Zur Erinnerung an den nachhaltigen Einfluss aus der Stadt Bonn
auf die Musik im chinesischen Kulturraum durch WANG Guangqi (1892-1936) und SHIH Wei-Liang (1926-1977): Ein internationales Symposium mit Abendkonzerten vom 03. Oktober 2014 im Beethoven Haus, Kammermusiksaal, Bonn
Veranstalter:
Ostasien-Institut e.V. Bonn (OAI)
Mitveranstalter:
National Taiwan Normal University, Taipei Bonner Gesells
chaft für China-Studien (BGCS)
DER FREMDE KLANG
Was lösen chinesische Musik, Klänge, Interpretationen in westlichen Zuhörern aus? Wie interpretieren wir chinesische Klänge? Was wird warum als angenehm empfunden, was löst Irritationen aus? Kann man die Musik der „anderen“ Kultur überhaupt bewerten, verstehen und schätzen? Musik ist Grundbestandteil unserer menschlichen Kultur. Aber was empfinden und bewerten Hörer
als „wertvolle“ und „wohltönende“, oder aber als „nervige“ und „schlechte“ Musik? Dieses Urteil ist immer subjektiv und kulturspezifisch. Wir behaupten sogar: Die Bereitschaft, sich mit „fremden Klängen“ auseinanderzusetzen, ist Teil der Interkulturellen Kompetenz eines Menschen. Diese und andere Thesen untersuchen wir nicht nur abstrakt-theoretisch, sondern wir analysieren und vergleichen sie anhand konkreter, historischer Prozesse und interkultureller Musikbegegnungen. Dazu bringen wir Musikhistoriker, Musikethnologen, Sinologen, Kulturpsychologen ins Gespräch. GESTERN:
Bereits Matteo Ricci (1552-1610) nahm auf seiner beschwerlichen Reise von Macao über Guangdong nach Beijing ein Klavizimbel mit, in der Hoffnung, damit den Kaiserhof beeindrucken zu können. Musik war demnach wesentlicher Bestandteil seiner Akkommodationsstrategie. Dieses Instrument wurde 40 Jahre später im Kaiserpalast völlig verwahrlost wieder aufgefunden, von Johann Adam Schall von Bell restauriert und neu gestimmt. Von Bell wollte so „mit Sang und Klang die christliche Religion in den Palast einführen“. Der erste westliche Ausländer, der überhaupt bereit war, der chinesischen Musik einen eigenen Wert zuzubilligen, war schließlich der französische Jesuiten Joseph-Marie Amiot (1718-1793). Zuvor hatte der bekannte chinesische Maler und Dichter Wu Li (1632-1718), Mitglied der Gesellschaft Jesu, liturgische Texte in chinesischer Sprache im kunqu-Musikstil geschaffen. HEUTE:
Vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen in China Anfang des 20. Jahrhunderts stellen wir am Beispiel zweier chinesischer Musikwissenschaftler dar, welch nachhaltige Wirkung diese westliche Musik - insbesondere aus Deutschland - auf die Musiklandschaft Ostasiens hatte:
Wang Guangqi (1892-1936) erwarb 1934 an der Universität Bonn den Doktorgrad der Philosophie mit einer musikwissenschaftlichen Arbeit über die chinesische Oper. Sein Ziel war, die chinesische Gesellschaft mit Hilfe einer grundlegenden Musikpädagogik zu erneuern. Shih Wei-Liang (1926-1977) baute mit Hilfe des Bonner Ostasien Instituts in Taiwan die erste Musikbibliothek auf, die sowohl als Begegnungsstätte für junge taiwanische Komponisten und Musiker als auch als Zentrum zur Erforschung der Musik der Ureinwohner Taiwans diente. Im Spannungsfeld zwischen Zerfall der Republik China, der japanischen Aggression in Nordost- China und der kommunistischen Bewegung aufgewachsen, fand Shih Wei-Liang zur globalisierten Welt der Musik, um die chinesische Musik von Grund auf neu zu beleben. Abschließend werfen wir einen Blick auf aktuelle Repräsentanten chinesischer Musikentwicklung. Am Beispiel des in den USA lebenden Komponisten Tan Dun zeichnen wir die äußeren und inneren Widersprüche heutiger chinesischer Komponisten in Umrissen nach.