17/11/2025
CDU beschließt 10-Punkte-Plan gegen OK - Lob von GdP-Landeschef Weh
Die Berliner CDU hat diesen Samstag auf der Landesvorstandssitzung ein Sofortprogramm gegen Organisierte Kriminalität (OK) beschlossen. Das Papier, das aus dem Haus von Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) kommt und WELT exklusiv vorliegt, umfasst zehn konkrete Maßnahmen, mit denen Polizei, Justiz und Finanzbehörden schlagkräftiger werden sollen. Ziel ist es laut dem Papier, kriminellen Netzwerken die finanziellen Grundlagen zu entziehen, Ermittlungen zu beschleunigen und Einflussnahme auf Justizverfahren zu erschweren.
Zudem heißt es in dem Papier: „Aktuelle Lageberichte und Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden belegen (...) alarmierende Verbindungen zwischen Clanmitgliedern und islamistischen Gruppierungen.“ Bei der Bekämpfung dürften nicht nur die Täter ins Visier genommen werden, sondern auch die Netzwerke und Strukturen, die im Hintergrund solche kriminellen Handlungen ermöglichen. „Das heißt, wir müssen Kriminalität dort angreifen, wo sie entsteht – in den Grauzonen der Wirtschaft und in der Schattenwelt der Finanzströme.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt den Plan der Berliner CDU. „Wir freuen uns, dass unsere konstruktiven Gespräche in den letzten Jahren zunehmend Eingang in die politischen Positionen finden und man sich nicht mehr nur Innere Sicherheit auf die Fahne schreibt, sondern auch echte Lösungen auf den Weg bringen will. Dieser 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist nicht der erste dieser Art, er enthält aber eine Menge Aspekte zur effektiveren Arbeit von Polizei und Justiz. Die Organisierte Kriminalität ist wie eine Hydra, die immer mehr Geschäftsfelder für sich erkennt, global agiert und sich schnell an die gesetzlichen Rahmen anpasst“, sagte Stephan Weh, GdP-Landeschef. „Am Ende des Tages geht es um Einfluss, vor allem aber um Geld und genau da müssen wir ran“, so Weh weiter.
Das ist der 10-Punkte-Plan im Wortlaut:
1. Stärkung der Staats- und Amtsanwaltschaft: Die Bekämpfung der OK erfordert eine schlagkräftige Staats- und Amtsanwaltschaft, um kriminelle Strukturen aufzuklären und zu zerschlagen. Wir setzen uns daher für die Stärkung spezialisierter Abteilungen, eine qualifizierte Weiterbildung und einen angemessenen Personalaufwuchs ein. Nur dadurch ist eine effiziente Bekämpfung der OK möglich.
2. Neuordnung der Gewerbeüberwachung: Wir setzen uns für eine strukturierte Neuregelung in der Gewerbeüberwachung. Ziel muss sein, deutlich mehr Kontrollen durchzuführen, um Kriminellen das Handwerk zu legen. Die Handlungsfähigkeit des Staates muss durch seine spürbare Präsenz untermauert werden.
3. Legislativer Änderungsbedarf: Die konsequente Abschöpfung von illegal erlangtem Vermögen ist der Schlüssel zur Bekämpfung der OK. Wir setzen uns für eine Beweislastumkehr ein, um illegale Gewinne konsequent und rechtssicher abzuschöpfen.
4. Verschärfungen im Justizvollzug: Der Strafvollzug darf kein weiteres Spielfeld der OK sein. Denn wenn sich die Gefängnistore schließen, erlischt die kriminelle Energie nicht. Wenn Inhaftierte ihre Straftaten aus dem Gefängnis heraus fortsetzen, werden die Zwecke der Resozialisierung verfehlt. Der Zugang zum offenen Vollzug für diese Tätergruppierungen ist daher zu verwehren. Durch den vermehrten Einsatz von Haftraumdurchsuchungen mit Drogen- und Datenträgerspürhunden werden wir Straftaten und die Unterstützung der Clans aus den Haftanstalten heraus effektiv unterbinden.
5. Technische Aufklärungswerkzeuge und KI: Geldwäsche ist ein zentrales Betätigungsfeld der OK. Kriminelle nutzen Scheinfirmen und Strohmänner, um illegal erlangte Gelder zu verschleiern. Künstliche Intelligenz (KI) spielt bei der Eindämmung von Geldwäsche und Finanzkriminalität eine entscheidende Rolle, indem sie hilft, Muster in Datensätzen zügiger zu analysieren und so die Ermittlungszeiten zu verkürzen. Wir setzen uns für den Ausbau des Einsatzes technischer Mittel und effektiver Software (z. B. zum Auslesen von Handys mit Encrochat, SkyECC) sowie die IP-Adressen-Speicherung ein.
6. Verbesserter Schutz von Beteiligten an Gerichtsverfahren: Der Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und die Verhinderung unzulässiger Einflussnahme auf Richter, Staatsanwälte, Schöffen sowie Zeugen sind unverzichtbare Bestandteile eines wehrhaften Rechtsstaates. Um diesen Schutz zu stärken, fordern wir die Erweiterung des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr nach § 112 Absatz 2 Nr. 3 StPO sowie eine erhöhte Strafandrohung für die Einwirkung auf Zeugen und Gerichtspersonen, um die Beeinflussung von Ermittlungen und Verfahren zu verhindern. Es darf nicht sein, dass Zeugen aus Angst vor Bedrohung und Gewalt vor einer Aussage vor Gericht zurückschrecken.
7. Erlaubnispflicht für Autovermietungen: Die OK greift insbesondere bei Kurieren in Drogentaxis und bei Protzerfahrten im Zusammenhang mit illegalen Straßenrennen bewusst und zielgerichtet auf eine von etwa 60 Autovermietungen in Berlin zurück, die enge Kontakte zur OK pflegen. So wird versucht, eine Einziehung der Tatfahrzeuge zu verhindern. Die fehlende Überprüfung der Zuverlässigkeit der Inhaber von Autovermietungen ist das Einfallstor für Missbrauch. Deshalb fordern wir eine Erlaubnispflicht für gewerbliche Fahrzeugvermieter im Sinne der Gewerbeordnung.
8. Erhöhung der Verbundeinsätze: Im Kampf gegen die OK nehmen Verbundeinsätze eine Schlüsselrolle ein: Es handelt sich um koordinierte, ressortübergreifende Kontroll- und Ermittlungseinsätze der Polizei, der Staatsanwaltschaft, der bezirklichen Ordnungsämter, des Zolls, der Finanzbehörden und der Gewerbeaufsicht. Ziel der Einsätze ist es, kriminelle Netzwerke in ihrer wirtschaftlichen, organisatorischen und personellen Struktur zu zerschlagen und illegal erworbenes Vermögen sicherzustellen. 2025 konnten mehrere Verbundeinsätze erfolgreich durchgeführt werden. Durch diese Einsätze wurden bereits 620.000 Euro an illegalen Erträgen gesichert und weitere 3,5 Millionen Euro stehen zur Einziehung an. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. Illegale Geschäfte dürfen sich nicht lohnen.
9. Institutionalisierung des Kampfes gegen Finanzkriminalität: Wir brauchen in Berlin ein Operatives Zentrum für Finanzermittlungen, in dem Staatsanwaltschaft, Polizei und Steuerfahndung in einer gemeinsamen Ermittlungseinheit illegale Finanzströme aufspüren, sichern und deren Einziehung betreiben. Dies umfasst jenseits von Geldwäsche und qualifizierten Steuerstraftaten auch mögliche Terrorfinanzierung.
Dafür setzen wir uns für einen institutionalisierten Informationsaustausch zwischen den Behörden ein. Dies stärkt das gegenseitige Vertrauen und erleichtert die Arbeit an komplexen Fallgestaltungen. Durch interbehördliche Kooperation werden wir noch schneller, schlagkräftiger und zielgerichteter den Tätern inkriminiertes Vermögen entziehen.
10. Fortsetzung der Stärkung von Eurojust: Die grenzüberschreitende organisierte Schwerkriminalität nimmt seit Jahren zu. Insbesondere die Nutzung technischer Mittel und des Internets ist der Wachstumsmotor für Geldwäsche und Finanzkriminalität ganzer Täternetzwerke. Die EU-Agentur Eurojust koordiniert grenzüberschreitende Strafverfahren auf europäischer Ebene und bewirkt so jährlich tausende Festnahmen und die Sicherstellung von Vermögenswerten in Milliardenhöhe. Wir setzen uns für eine Erweiterung der operativen Möglichkeiten von Eurojust ein, damit die Kooperation mit den nationalen Behörden erweitert und das Ermittlungspotenzial ausgeschöpft werden kann.
Link zum Artikel:
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus691750f5c7cd0ff6c62020d2/organisierte-kriminalitaet-mit-diesem-10-punkte-plan-will-die-berliner-cdu-clans-bekaempfen.html